Flora & Fauna Nachfolger gesucht

Uns erreichte die Anfrage, ob es einen adäquaten Ersatz für die quasi ausgestorbene Flora & Fauna Reihe von United Distillers gäbe.

Nun, wer erinnert sich nicht gerne an die sagenhaften Caol Ila, Clynelish, Mortlach, Balmenach, Dailuaine und Benrinnes oder die ebenfalls gut trinkbaren Blair Athol, Glen Elgin und Pittyvaich, während die Abfüllungen aus Auchroisk, Linkwood, Strathmill und Teaninich immer ein wenig hinter den Erwartungen des Autors zurückblieben, Craigellachie und Aberfeldy nach dem Verkauf der Brennereien an Bacardi alsbald als begehrte Sammlerstücke zu horrenden Preisen gehandelt wurden. Geblieben ist neben einigen Restposten bei manchen Händlern einzig der Blair Athol, der von Diageo nun unter der Rubrik „Fauna & Flora“ vertrieben wird, warum auch sollte man sich bei der Namensgebung der aus einer einzigen Abfüllung bestehenden „Reihe“ an dem in der einschlägigen Literatur seit vielen Jahren etablierten de-facto-Standard orientieren.

Doch zurück zum Thema. Es bleibt leider zu konstatieren, daß es unter den Originalabfüllungen derzeit keinen gleichwertigen Ersatz gibt, schon gar nicht für die aus der Flora & Fauna Reihe bekannte Vielfalt an vertretenen Brennereien. Lediglich der Clynelish erhielt eine einigermaßen ebenbürtige Originalabfüllung als Nachfolgerin des F&F-Originals, während der durchaus empfehlenswerte Caol Ila Cask Strength und seine an Laphroaig erinnernde 18jährige Version nicht an die Wucht des F&F heran reichen, von den neuen OAs aus Glen Elgin und Dufftown ganz zu schweigen. Speziell der weichgespülte Glen Elgin war eine Enttäuschung, ließ er doch jegliche Individualität, die sich in der F&F-Abfüllung vor allem mit einer unverwechselbaren Erdnuß-Note bemerkbar machte, vermissen. So bleibt er ein zwar angenehmer, aber kantenloser und beliebiger Einstiegsmalt.

Da bleibt uns wieder einmal nur der Hinweis auf Unabhängige Abfüller. Caol Ila und Mortlach bekommt man von ihnen recht häufig, den Islay Malt in zufriedenstellender Qualität, während die Abfüllungen des Speysiders nicht immer seinem Potential gerecht werden; da empfiehlt sich das Ausweichen auf eine andere Brennerei wie etwa Glenfarclas. Etwas in Intensität und Aromenfülle Vergleichbares zu den F&Fs von Dailuaine und Benrinnes zu nennen erscheint mir unmöglich, beim Balmenach ließe sich zum 1975er Gordon & MacPhail greifen, für dessen Erwerb indes annähernd doppelt so viel investiert werden muß wie zum Kauf des F&F, bevor der zum Sammlerstück wurde.

Der Autor selbst bedient sich seit vielen Jahren gerne aus der in einem ähnlichen Preissegment von etwa € 50 angesiedelten Reihe Signatory unchillfiltered. Sie lieferte ihm stets gleichbleibend hohe Qualität mit erfreulichen Abfüllungen aus Ardmore und Brora sowie zahlreichen weithin bekannten oder durch nur wenige OAs repräsentierten Brennereien, verläßlichen Islay Malts aus dem Bourbon-, Sherry- und Portweinfaß sowie akzeptablen Alternativen zu den aus der F&F-Reihe bekannten Clynelish und Mortlach. Sie kann man nahezu bedenkenlos blind erwerben. Gleiches gilt für die ebenfalls in einer silbernen Röhre präsentierten Abfüllungen von Murray McDavid. Seitdem sie auf die unsägliche orange-grüne Verpackung verzichten, schmeckt mir deren Whisky viel besser, komisch. Speziell die vor einigen Jahren etablierten in unterschiedlichen Weinfässern gelagerten Malts erfreuen sich immer größerer Beliebtheit, und das nicht nur wegen des herausragenden Preis-Leistungs-Verhältnisses, erhält man doch für im Vergleich zu manchen OAs bescheidene 35 bis 50 Euro eine dichte und außergewöhnliche Aromenvielfalt, bei der man kaum daneben greifen kann.

Gut, wer partout keinen Torf mag, wird auch durch die höchste Qualität nicht zu überzeugen sein, und diejenigen, die den weinig-fruchtigen Noten der Weinfässer ebenso wie den sherryüberlagerten rosinigen Malts die Berechtigung als Whisky absprechen, sollten besser die Finger von diesen Abfüllungen lassen. Allen Anderen seien diese beiden Reihen als verlässliche Alternative zur Flora & Fauna Reihe ans Herz gelegt. Sie liefern zwar keinen direkten Ersatz für liebgewonnene Tröpfchen, dafür aber lohnenswerte Neuentdeckungen.

Sehr schön sind meines Erachtens auch die Abfüllungen von Gordon & MacPhail. Obgleich durch langjähriges Festhalten am Farbzusatz und Schraubverschluß sowie der Abfüllung mit 40 vol.-%, was sich allmählich zu ändern scheint, nicht unbedingt als innovationsfreudig bekannt und daher von vielen Maltliebhabern der jüngeren Generation zu unrecht ignoriert, liegt die Stärke ihrer Malts in deren Auftritt als geradezu klassische Vertreter der Gattung Whisky mit den landläufig als stilbildend assoziierten Geschmackskomponenten. Wer ausgewogene Allrounder sucht, die von allem etwas bieten, ohne daß der deutlich spürbare Einfluß des Sherrys und des Rauchs die fruchtig-würzigen Noten dominiert, wird mit der Connoisseur’s Choice und den Eigentümerabfüllungen G&Ms für United Distillers (für die sie Mortlach und Linkwood auf die Flasche ziehen) und die Chivas Brothers sowie der Allied Reihe gut bedient sein. Wer darüber hinaus bereit ist, über € 70 und mehr für einen Whisky anzulegen, wird mit eleganten 21- bis 25-Jährigen und weitaus älteren Malts belohnt, die ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten und so manche OA in den Schatten stellen.

Wem dieses nicht individuell genug ist, sollte sich an Cadenhead’s Whisky Market wenden. Der 1842 gegründete und damit älteste noch existierende unabhängige Abfüller verfügt über ein schier unerschöpfliches Lager mit Fässern aus allen schottischen Brennereien, gilt allerdings als vergleichsweise teuer, obwohl sich die Preise speziell für hochwertige Ware mittlerweile nivellieren. Dafür erhält man mit seiner mit 46 vol.-% abgefüllten Original Collection (nicht unter € 45) und der Authentic Collection in Faßstärke (zehn- bis zwölfjährige Malts um € 55-65, für länger gereifte Ware entsprechend mehr) sowie den Shop Exclusives der Bond Reserve wahre Kleinode. Demjenigen, der vor unliebsamen Überraschungen gefeit sein will, empfiehlt sich eine vorherige Verkostung der naturgemäß geschmacklich von den OAs abweichenden Einzelfaßabfüllungen. Wer jenseits der € 150 oder auch 200 anlegen kann und möchte, sollte sich der Entdeckung des Chairman’s Stock zuwenden, vorheriges Probieren unnötig.

Im Preissegment ab € 65 ist zudem die Reihe The Old Malt Cask des unabhängigen Abfüllers Douglas Laing sowie Murray McDavid’s Mission Gold Series lobend zu erwähnen und als verläßlich gut einzustufen, die Rare Malts von United Distillers sind ja leider kaum noch zu bekommen. Natürlich sind mit The McGibbon’s Provenance, ebenfalls von Douglas Laing, Blackadder Raw Cask, Ian MacLeod’s Chieftain’s Choice, Duncan Taylor, James MacArthur’s Old Master’s Cask Strength Selection, Mackillop’s Choice, Signatory’s Cask Strength Collection, Wilson & Morgan Barrel Selection und den wie Pilze aus dem Boden schießenden weiteren Unabhängigen Abfüllern oder Reihen selbst von deutschen Importeuren zahlreiche weitere Anbieter auf dem Markt, doch haben die Erfahrungen der letzten 15 Jahre gezeigt, daß sie nicht immer die selbe Konsistenz in der Qualität zu bieten wissen, wie die oben Genannten. Aber darüber mögen die Ansichten wie auch die Geschmäcker auseinander gehen. Im Zweifelsfall hilft nur das, was wir in unserem Club seit vielen Jahren umsetzen: probieren, probieren, probieren…

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